Stromnetzbetreiber versuchen oft, bereits im Vorfeld Nutzungsrechte durch den Abschluss von Dienstbarkeitsverträgen zu sichern. Diese Verträge räumen dem Betreiber das Recht ein, Ihr Grundstück für den Bau und Betrieb von Leitungen zu nutzen. Dafür werden in der Regel Entschädigungszahlungen angeboten, die teilweise über den gesetzlichen Vorgaben liegen können, um die Zustimmung der Eigentümer zu erleichtern. Beispielsweise können Beschleunigungszuschläge gewährt werden, wenn Eigentümer das Angebot innerhalb einer bestimmten Frist annehmen. Dieses Vorgehen soll Sie aber nur unter Druck setzen, schnell zu unterschreiben.
Aber Achtung: Erstens sind die gesetzlichen Entschädigungszahlungen ohnehin sehr gering und stehen in keinem Verhältnis zum Wertverlust, den der Grundstücksbesitzer zu erwarten hat. Und zweitens entstehen keinerlei Nachteile daraus, Nutzungsrechte NICHT zu unterschreiben. Die angebotenen Aufschläge werden mit fortschreitender Dringlichkeit eher steigen als fallen.
Weitere Erläuterungen dazu:
- Es gibt keinerlei gesetzlichen Zwang, derartige Vertragsangebote von Stromnetzbetreibern zu unterschreiben.
- Wenn Ihr Eigentum dennoch irgendwann in Anspruch genommen werden sollte, haben Sie Anspruch auf die gesetzliche Entschädigung. Falls keine Einigung zur Entschädigungshöhe gefunden wird, muss diese auf Kosten des Stromnetzbetreibers durch einen neutralen Gutachter bestimmt werden. D.h.: Heute vermag niemand zu sagen, ob Sie später etwas mehr oder ggf. auch etwas weniger bekommen, als Ihnen der Stromnetzbetreiber jetzt freihändig anbietet. Das, was Ihnen gesetzlich zusteht, werden Sie aber auf jeden Fall erhalten.
- Stromnetzbetreiber haben ein großes Interesse daran, schon jetzt möglichst viele Verträge bzw. Vorverträge abzuschließen, weil sie dann insoweit Sicherheit haben. So können sie auch in dem späteren Planfeststellungsverfahren argumentieren, dass die neue Eigentumsbetroffenheit so groß gar nicht ist, schließlich hätten schon XY % der betroffenen Eigentümer*innen zugestimmt.
- Und ganz wichtig: Falls Sie sich die Option offenhalten wollten, notfalls mit Rechtsmitteln gegen eine Genehmigung (Planfeststellungsbeschluss) der Freileitung vorzugehen, schränken Sie das, was ein Gericht prüfen kann, möglicherweise sehr stark ein, wenn Sie der Inanspruchnahme Ihres Eigentums "freiwillig" zugestimmt haben.
- Kurz: Stand Dezember 2024 hat das eigentliche Planfeststellungsverfahren (Genehmigungsverfahren) der Freileitung noch nicht begonnen. Ob und wenn ja wo welche Energietrasse genehmigt werden wird, ist noch völlig offen. Rechtlich gibt es keinerlei Zwang, jetzt irgendwelche Verträge zu unterschreiben; im Zweifel hilft das vor allem dem Stromnetzbetreiber und schränkt im Gegenzug Ihre eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten ggf. erheblich ein. Ob Sie später mehr oder weniger Entschädigung erhalten werden, als Ihnen derzeit angeboten wird, lässt sich pauschal nicht sagen. Ihren gesetzlichen Entschädigungsanspruch behalten Sie aber auf jeden Fall.
Es ist daher ratsam, keine Vorverträge oder Dienstbarkeitsverträge zu unterzeichnen, ohne die langfristigen Folgen und Alternativen geprüft zu haben. Ziehen Sie bei Bedarf rechtlichen Beistand hinzu, um Ihre Rechte und Pflichten umfassend zu verstehen.